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Predigt über Joh. 10, 11-15, 27-30
Am Sonntag, den 13.4.97
von Pröpstin Malve Lehmann-Stäcker
Liebe Gemeinde!
Predigttext: Jesus sprach: "Ich bin der gute Hirte. Der
gute Hirte läßt sein Leben für die Schafe. Der Mietling
aber, der nicht Hirte ist, dem die Schafe nicht
gehören, sieht den Wolf kommen und verläßt die Schafe
und flieht und der Wolf stürzt sich auf
die Schafe und zerstreut sie. Der Mietling flieht;
denn er ist ein Mietling und kümmert sich nicht um die
Schafe. Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen,
und die Meinen kennen mich, wie mich mein Vater kennt,
und ich kenne den Vater. Und ich lasse
mein Leben für die Schafe.
Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und
sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben, und
sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie
aus meiner Hand reißen. Mein Vater, der sie mir gegeben
hat, ist größer als alles, und
niemand kann sie aus der Hand des Vaters reißen. Ich
und der Vater sind eins."
Der Friede Gottes und seine Barmherzigkeit sei mit uns
allen. Amen.
Vorhin, liebe Gemeinde, haben wir in der Lesung den 23.
Psalm gehört - wohl der bekannteste Text der Bibel.
Selbst Kirchenfremde kennen ihn und je nach dem eigenen
Selbstverständnis mögen sie das Bild vom guten Hirten
oder aber sie wehren sich dagegen,
wollen eben nicht mit Schafen, Herdentieren verglichen
werden. Ich selber finde das Bild wunderschön, obwohl
auch ich auf keinen Fall ein Schaf sein will. Warum
eigentlich diese Ambivalenz? Ich denke, weil sie zu
unserm Leben dazugehört.
Als Kinder brauchen wir Menschen, die für uns sorgen,
da sind, wenn wir sie brauchen, verläßlich sind, wie
der besagte gute Hirte. Als Erwachsene wissen wir von
dieser Abhängigkeit und haben uns dennoch davon gelöst,
mußten uns davon lösen, um selbstverantwortlich
unser Leben zu gestalten. Was bleibt, ist
die Erfahrung, die Dankbarkeit, wenn dieser
Lebensprozeß gelungen war und das Wissen, daß auch
unsere Kinder diesen Weg gehen müssen - wir als die
guten Hirten und sie nicht wie einen Hund an die L
eine nehmen dürfen, sondern sie unter unserer Obhut in
der Weite des Lebens grasen lassen. So ist das Bild vom
guten Hirten zu begreifen, so verstehe ich auch Jesus,
wenn er im Johannesevangelium sagt: "Ich bin der gute
Hirte". Die Betonung in dieser S
chreibweise liegt auf dem Ich. Ich allein und niemand
anderes. Man geht davon aus, daß diese - ich bin -
Worte tatsächlich Jesusworte sind, keine späteren
Interpretationen oder Hinzufügungen : - Ich bin das
Brot des Lebens,
- Ich bin der Weinstock,
- Ich bin die Auferstehung,der Weg und die Wahrheit und
in unserem heutigen Predigttext: - Ich bin der gute
Hirte. Allen diesen Aussagen eigen ist die Dichte zu
dem, was wir Menschen brauchen: ohne Brot und Wasser
ist Leben nicht möglich, ohne Weinstock Freude
unvollkommen, die Tür öffnet und schützt, auf
dem Weg haben wir Boden unter den Füßen und nur die
Wahrheit macht uns frei. Jesus will also leben,
identifiziert sich mit Leben und meint es mit uns gut.
Gehen wir noch einmal zurück in unsere
Kindheitserinnerungen. Was hat damals unser Vertrauen
ausgemacht? Doch sicher die Ahnung, daß ganz gleich ,
was passiert, Vater und Mutter da sein würden, daß sie
sogar ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen würden, um
uns zu schützen oder zu retten. Und war es nicht so -
haben
wir einen Knacks weg für unser ganzes Leben, müssen
mühsam lernen, wieder Menschen Vertrauen zu schenken
und wirklich fallen lassen werden wir uns nie wieder.
Und wenn wir lesen oder hören, daß Eltern ihre Kinder
verstoßen, prügeln oder sogar töten, d
ann ist es uns unbegreiflich. Liebe ist total und der
Unterschied zwischen Barmherzigkeit, Zuwendung und
käuflicher Liebe auch. Hören wir in diesem
Spannungsbogen das, was Jesus uns sagen will. "Der
gute Hirte läßt sein Leben für die Schafe. Der Mietling
aber, der nicht Hirte ist, dem die Schafe nicht
gehören, sieht den Wolf kommen und verläßt die Schafe
und flieht und der Wolf stürzt sich auf die Schafe und
zerstreut sie. Der Mietling flieht
; denn er ist ein Mietling und kümmert sich nicht um
die Schafe. Ich bin der gute Hirte und kenne die
Meinen, und die Meinen kennen mich, wie mich mein Vater
kennt, und ich kenne den Vater. Und ich lasse mein
Leben für die Schafe."
Hier wird nicht vom Hirten als dem Führer oder dem
Leithammel gesprochen, ebenso wie von uns nicht als den
dummen, nachtrottenden Schafen die Rede ist. Hier wird
uns vor Augen gestellt, wer zu Recht von sich sagen
darf: "Ich bin der gute Hirte", nämlic
h der, der sein Leben der Liebe preisgab: Jesus
Christus. Das nennen wir Barmherzigkeit: also den Ort,
an dem Leben in Fülle und Ewigkeit entstanden ist und
entsteht. Mietlinge gab es und gibt es zuhauf. Sie
versprechen das Blaue vom Himmel, bieten sic
h als Heilsbringer an, verheißen durch was auch immer
ewigwährendes Glück. Schauen Sie sich daraufhin
Werbung, Annoncen, Horoskope an. Unser ganzes Leben
versuchen sie zu gestalten und wir fallen auch oft
genug auf ihre Versprechungen herein, weil die
Angebote in der Tat oft sehr verlockend sind. Das war
im politischen Bereich in jüngster Vergangenheit die
grausamste Erfahrung und ist in abgemildeter Form auch
heute noch eine grausame Erfahrung. Grausam deshalb,
weil niemand und nichts uns wirklich
durch Höhen und Tiefen tragen kann als der, der für uns
gestorben und auferstanden ist.
Vielleicht wird an dieser Stelle der eine oder die
andere fragen: Und wie finde ich diesen Unterschied
zwischen falschen und richtigen Angeboten heraus, wie
erkenne ich, was gut für mich ist, wer sagt mir, wer
der gute Hirte und wer der Mietling ist? D
as ist in der Tat die schwierigste, aber auch die
entscheidendste Frage und sie kann auch nur sehr
vorläufig beantwortet werden: Im glaubenden Suchen und
im suchenden Glauben. Im Hinhören, was die Bibel uns
sagt, im Erforschen, was das Interesse des He
ilsanbieters ist und auch im kritischen Gespräch mit
mir selber, was ich mir davon verspreche. So wie wir
noch nach Jahren die Stimme wiedererkennen derer, die
es gut mit uns meinten, so werden wir auch im Laufe
unseres Glaubenslebens die Stimme Gottes
erkennen. Jesus traut uns das zu, und darum schließt
der Text auch mit der Gewißheit: "Meine Schafe hören
meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir;
und ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden
nimmermehr umkommen, und niemand wird sie aus meiner
Hand reißen. Ich und der Vater sind eins."
Ohne diese Gewißheit können wir weder leben noch
sterben, denn selbst, wenn wir nicht sicher sind,
fragen und zweifeln, ängstlich sind oder hoffnungslos,
Gott ist es nicht. Er hat in Jesus Christus Ja gesagt
zum Leben, das über den Tod hinausgeht und niemand
kann uns aus dieser lebensspendenden Hand
herausreißen. Und daß das wahr ist, weiß jede Mutter
und jeder Vater, der seine Kinder liebt. Egal, wie alt
man selber wird, ganz gleich, wo und wie die Kinder
sind, sie bleiben in unseren Herzen, sie sind
die, um die wir uns sorgen, wir hoffen, daß es ihnen
gut gehen möge und sie lange leben auf Erden. Und
werden sie von uns gerissen und müssen sie vor der Zeit
sterben, dann bricht uns fast das Herz und wir möchten
lieber selber diesen Weg gehen. Leben
können wir dann nur noch in der Hoffnung, daß Gott
der barmherzige Vater, die liebende Mutter sie in
diesem anderen ewigen Leben aufnimmt. Wenn wir also
unseren eigenen Gefühlen nachspüren, ahnen wir die
Wahrheit eines solchen Textes wie des heutigen. Darum
liebe ich das Bild des guten Hirten, es verschweigt
nicht die Täler, aber es deckt auch den Tisch der
Liebe. Und daß ich mich in aller
Begrenzung Pastorin = Hirtin nennen darf, empfinde
ich als ein ganz großes Geschenk.
Amen
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