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Predigtvorschlag Jahrgang 1998 Nr. 18 22.2.1998
Für den Sonntag Estomihi
(1. Korinther 13,1-13)
Liebe Gemeinde,
das "Hohelied der Liebe": es ist fürwahr ein "hohes" Lied!
Vielleicht ergeht es manchem von Ihnen auch so wie mir: jedesmal, wenn ich diese Worte lese oder höre, verschlägt es mir die Sprache. Denn es sind Worte, die mir so nahe rücken und doch zugleich unerreichbar erscheinen.
Auch Paulus selbst muß wohl gespürt haben, wie groß seine Worte über die Liebe angesichts unseres kleinen menschlichen Lebens sind. Als ob er sich selber Mut zusprechen wollte für seine Predigt über die Liebe, hebt er an:
"Wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen redete und hätte die Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle."
Ein tröstliches Wort, finde ich, auch für alle, die heute über diesen Bibeltext zu predigen haben. Ein Wort, das mir jedenfalls hilft, meine Sprachlosigkeit zu überwinden, weil ich auch dies darin höre:
Ich muß nicht "mit Menschen- und mit Engelszungen" über die Liebe reden, wenn ich nur aus der Liebe zu reden vermag. Ich muß nicht "prophetisch reden" können, muß als Prediger nicht Weisheit und Erkenntnis versprühen und auch nicht Glaubensheld sein, wenn ich nur ein Zeuge der Liebe bin, wenn ich es wage, mit meinen eigenen Worten die gelebte Liebe nachzubuchstabieren. Und zwar die gelebte Liebe in all ihrer Ungenügsamkeit, in all ihrer Gebrochenheit und Vorläufigkeit meines, unseres Lebenswandels.
Denn nicht nur unser Wissen ist "Stückwerk" und nicht nur unser Reden ist Stückwerk, sondern wie sehr bleibt doch auch all unser Lieben nur "Stückwerk"!
Paulus weiß das, er hat es am eigenen Leibe und an der eigenen Seele erfahren, bitter erfahren. Und weil er es weiß und erfahren hat, "übersetzt" er die Liebe in unser unvollkommenes Leben hinein: er holt sie vom hohen und erhabenen Podest eines fernen Ideals in die Niederungen unseres Lebens herab. Hier muß sich die Liebe bewähren, mitten im "Stückwerk" unseres Lebens, in unserer Unvollkommenheit.
Man kann "mit Menschen- und mit Engelszungen reden" und kann es doch ohne Liebe tun; man kann "prophetisch reden", kann "alle Geheimnisse und alle Erkenntnis" haben und einen Glauben, der "Berge versetzt" und man kann dabei doch der Liebe ermangeln; ja man kann "alle seine Habe den Armen geben", kann bescheiden und asketisch leben und dabei doch die Liebe vergessen, sagt Paulus.
Und diese seine Worte treffen ins Herz unserer Glaubenspraxis, sie entlarven eine folgenreiche Verwechslung, die Verwechslung von Liebe und Moral! Paulus sagt ja nicht weniger als dies: ich kann moralisch perfekt sein und dennoch ohne Liebe. Denn Liebe ist viel mehr als Tugend und Moral: Liebe ist der Quellgrund, aus dem wir als Christen leben, Liebe ist die Kraft, die uns in Bewegung setzt.
Paulus hat das an anderer Stelle in einem einzigen Satz zusammengefaßt, in dem Wort unserer Jahreslosung aus dem Epheserbrief, mit dem er uns zugleich ermahnt und tröstet: "Lebt in der Liebe, wie auch Christus uns geliebt hat!" (Eph 5,2)
Im Grunde faßt dieses Wort all das zusammen, was Paulus im "Hohenlied der Liebe" sagt: wer in der Liebe lebt, wer aus dem Quellgrund der Liebe Gottes sein eigenes Leben schöpft, dem wird mitten in allem "Stückwerk" seines unvollkommenen Lebens die Liebe immer wieder begegnen und gelingen: ihre Langmut und ihre Freundlichkeit, ihre Kraft und ihre Zuversicht.
Alles wird einmal aufhören: unser Reden und unsere Erkenntnis, unser Weben und Streben, unser Tun und Lassen, unser Fehlen und Gelingen. Die Liebe aber, sagt Paulus, die Liebe "hört niemals auf". Diese Wahrheit hat eine menschliche Seite, weil sie von unseren Erfahrungen zeugt, so wie es uns in einer alten Geschichte aus der Weisheit der Völker überliefert ist:
Diese alte Geschichte erzählt, wie ein wißbegieriger König die Gelehrten seines Landes beauftragte, für ihn alles Wissenswerte der Welt aufzuschreiben. Nach vierzig Jahren legten die Gelehrten das Ergebnis in tausend dicken Bänden vor. Der König sagte: "Tausend Bücher kann ich nicht mehr lesen. Kürzt alles auf das Wesentliche."
Nach zehn weiteren Jahren hatten die Gelehrten den Inhalt der Geschichte der Menschheit in einhundert Bänden zusammengefaßt. Der König sagte: "Das ist noch immer zuviel. Ich bin schon siebzig Jahre alt. Schreibt nur das Wichtigste!"
Also machten sich die Gelehrten erneut an die Arbeit und faßten das Wichtigste in einem Buch zusammen. Sie kamen damit, als der König schon im Sterben lag. Dieser wollte wenigstens noch das Wesentlichste aus der Arbeit der Gelehrten erfahren. Da faßte der Vorsitzende der Gelehrtenkommission die Geschichte der Menschheit in einem einzigen Satz zusammen. Er sagte zu dem sterbenden König: "Die Menschen lebten, sie freuten sich, sie litten und starben; was aber zählt und überlebt, ist die Liebe!"
Das ist die Wahrheit, von der auch Paulus redet. Diese Wahrheit hat neben der menschlichen auch eine göttliche Seite, denn sie zeugt von dem Gott, der der Quellgrund aller Liebe ist und von dem Paulus am Ende sagt:
"Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin.
Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen." Amen.
Peter Remy, Pfr. Kirchplatz 4 36304 Alsfeld
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